Unsicherheiten für den islamischen Religionsunterricht

Die Einführung von islamischer Theologie an deutschen Universitäten im Jahr 2010/2011 war mit verschiedenen Erwartungen verbunden, wichtig war als politisches Ziel aber insbesondere die Deckung eines konkreten Bedarfs: Es sollten Lehrkräfte für den islamischen Religionsunterricht ausgebildet werden. Nach zehn Jahren ist es nun tatsächlich an verschiedenen Hochschulen in mehreren Bundesländern möglich, ein Studium der islamischen Theologie auf Lehramt zu absolvieren, das auf eine Laufbahn im Schuldienst vorbereitet. Jahr für Jahr schließen mehr Absolvent:innen ihr Studium erfolgreich ab. Dagegen ist die Situation des islamischen Religionsunterrichts in Deutschland weiterhin schwierig.

Das Grundgesetz versteht nämlich den Religionsunterricht als gemeinsame Angelegenheit von Staat und Religionsgemeinschaft. Da die Muslim:innen aber nicht in einer kirchenähnlichen Form organisiert sind, wird immer wieder nach einem angemessenen Ansprechpartner für den Staat gefragt und danach, inwieweit die bisherigen Organisationen die Voraussetzungen dafür erfüllen: Um dies zu beantworten, setzen die Bundesländer auf ganz unterschiedliche Modelle, die von der Anerkennung muslimischer Verbände als Religionsgemeinschaft (Hessen) über Kommissionslösungen (Nordrhein-Westfalen) bis hin zu nicht-bekenntnisorientiertem Islamunterricht in staatlicher Verantwortung (Bayern) reichen. In der Konsequenz erhalten allerdings viele muslimische Kinder noch immer keinen schulischen Religionsunterricht, wie er durch das Grundgesetz in Artikel 7 Absatz 3 abgesichert ist.

Neben dem Bedarf der Schulkinder ist nach zehn Jahren islamischer Theologie aber auch noch ein weiterer Punkt zu bedenken: Die Spannung zwischen grundgesetzlicher Garantie des Religionsunterrichts auf der einen Seite und der strittigen Frage nach dem muslimischen Ansprechpartner auf der anderen Seite bedeutet für Lehramtsstudierende, die später einmal islamische Religion als Schulfach unterrichten wollen, eine große Unsicherheit. Wechselnde politische Bewertungen und Gerichtsentscheidungen können – wie zuletzt in Hessen – sogar dazu führen, dass Lehramtsstudierende nicht wissen, ob es das Fach, das sie angefangen haben zu studieren, nach ihrem Abschluss überhaupt noch gibt. Damit treten zu den demokratischen Erfordernissen unseres Grundgesetzes zunehmend weitere praktische Bedürfnisse hinzu. Im Sinne der Schüler:innen, der Lehramtsstudierenden und der ausgebildeten Lehrkräfte ist die Suche nach tragfähigen Lösungen, die eine langfristige Perspektive bieten, von größter Bedeutung.

von Mira Sievers, 01. August. 2021

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