Haben theologische Fakultäten noch eine Zukunft?

Ginge es nach der Deutschen Bischofskonferenz, droht einem Großteil der katholisch-theologischen Fakultäten demnächst das Aus. Künftig soll nur noch an drei Fakultäten ein Studium für Priesteramtskandidaten angeboten werden. Für alle anderen katholisch-theologischen Institute steht dann der Fakultätsstatus zur Disposition - und mit ihm sowohl die Stellenausstattung (in der Regel 13 Professuren) als auch das Recht, den Magister Theologiae anzubieten und den Dr. theol. zu verleihen.

Die Bischofskonferenz beschleunigt damit eine Diskussion, der man bislang aus dem Weg gegangen ist. Denn selbst dort, wo die Kapazitätsauslastung momentan noch einigermaßen günstig ist, dürfte die Relation zwischen der Anzahl der Professuren und den Studienfällen unter einem enormen Legitimationsdruck geraten. Selbst die Gebildeten unter den Verächtern der Theologie werfen inzwischen die Systemfrage auf und fragen, ob für eine derart geringe Anzahl von Studierenden nicht zu viele Ressourcen vorhanden sind. Gibt es nicht deutlich zu viele Fakultäten, und ist nicht die Mehrheit der Fakultäten je für sich überdimensioniert? Oder anders gefragt: Warum sollte der Staat auch in Zukunft noch konfessionsgebundene theologische Fakultäten finanzieren? Die Berufung auf die altehrwürdige Tradition, derzufolge der Theologie ein angestammter Platz unter den oberen drei Fakultäten einer Universität zukommt, greift längst nicht mehr.

Nun hatte der Wissenschaftsrat 2010 „Empfehlungen zur Weiterentwicklung von Theologien und religionsbezogenen Wissenschaften an deutschen Hochschulen" vorgelegt. Sie kommen zum dem Schluss, dass es in der Gesellschaft angesichts religiöser Pluralisierung einen gesteigerten religionskulturellen und -politischen Deutungsbedarf gebe. Die Öffentlichkeit thematisiere aufmerksam religiöse Phänomene und diskutiere kontrovers die Relevanz von Religion für Lebenswelten, aber auch für Konfliktlagen. Die Weiterentwicklung von Theologien und religionsbezogenen Wissenschaften diene dem Ziel, zur Bewältigung neuer gesellschaftlicher Herausforderungen beizutragen.

Wie plausibel ist heute, gut zehn Jahre später, dieses Argument? Und vor allem: wie resonanzfähig ist dieses Argument in der Öffentlichkeit? Wird die Theologie überhaupt noch wahrgenommen in den gesellschaftlichen Debatten, und sind Theologinnen und Theologen meinungsstark und profund in ihnen präsent? Sind sie gar intellektuelle Stichwortgeber, die Themen besetzen? Im Moment gibt es mehr Fragen als Antworten.

von Georg Essen, 15. Feb. 2021

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